29.03.2019 | News
Premiere an der Hochschule Reutlingen
Erste Assoziierung einer Professur für die universitäre Forschung
- Prof. Dr. Petra Kluger. Foto: Hochschule Reutlingen
- Fettgewebe entsteht im 3D-Druck. Foto: Hochschule Reutlingen.
Maren Haldenwang / Tina Schmidt
In Baden-Württemberg ermöglicht eine neue Kooperationsform die Zusammenarbeit von Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Universitäten. Prof. Dr. Petra Kluger von der Hochschule Reutlingen profitiert landesweit als Erste von der Assoziierung mit der Universität Hohenheim. Sie wird künftig als assoziierte Professorin die Betreuung von Doktoranden übernehmen. Die Kooperation erleichtert ihr zudem die Beantragung von Forschungsgeldern.
Als neue Form der Kooperation ist die Assoziierung für eine Dauer von mindestens zehn Jahren ausgelegt. Für diesen Zeitraum besitzt Prof. Dr. Kluger nun das Promotionsrecht. Vorteilhaft ist die Zusammenarbeit sowohl für die Hochschule Reutlingen als auch für die Universität Hohenheim. Formal ist die Doktorandenbetreuung in die Universität eingegliedert, die assoziierten Kolleginnen und Kollegen sind jedoch von Verpflichtungen wie der Gremienarbeit oder anderen Verwaltungsaufgaben entbunden.
Das Landeshochschulgesetz bietet nun diese neue Möglichkeit der Zusammenarbeit, die durch geringe Bürokratie bei gleichzeitiger Forschung auf Augenhöhe besticht. Bereits in der Vergangenheit nutzte die Hochschule Reutlingen die verfügbaren rechtlichen Möglichkeiten, um gemeinsam mit Universitäten Doktoranden auszubilden. Die Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften konnten im Rahmen des kooperativen Promotionsverfahrens die Zweitbetreuung übernehmen, es war ihnen aber nicht möglich, Forschungsgelder zu beantragen.
Die technische Biologin Prof. Dr. Petra Kluger leitet die Fachgebiete Tissue Engineering und Biofabrication an der Fakultät Angewandte Chemie. Seit 2018 gehört sie als Vizepräsidentin und Prorektorin für Hochschulentwicklung zur Leitung der Hochschule Reutlingen. Zuvor forschte sie am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. An der Universität Hohenheim, an der sie seit 2014 auch als Lehrbeauftragte tätig war, wird Prof. Dr. Kluger für die kommenden Forschungsprojekte mit Prof. Dr. Melina Claussnitzer zusammenarbeiten, maßgeblich im Fachgebiet Ernährungswissenschaft.
Als erste Doktorandin profitiert Franziska Atzinger von der Assoziierung. Sie beginnt ihre Promotion bei Prof. Dr. Kluger im Rahmen eines von der BW-Stiftung geförderten Forschungsprojekts. Das gemeinsame Ziel ist es, das Epigenom von Typ II Diabetes anhand von im Labor aufgebauten humanen 3D-Fettgewebemodellen zu untersuchen, um neue Angriffspunkte für Therapien zu identifizieren. An der Hochschule Reutlingen liegt der Forschungsschwerpunkt dabei auf der Entwicklung des physiologischen 3D-gedruckten Testmodells, das die natürliche Umgebung der Zellen möglichst gut nachbilden kann.
Dafür entwickelt Franziska Atzinger in ihrer Forschungsarbeit zunächst eine sogenannte Biotinte, die aus pflanzlichen Molekülen und körperverwandten Substanzen besteht, um daraus ein 3D Fettgewebemodell zu drucken. Die Anforderungen an die Biotinte sind hoch: neben den im Tissue Engineering üblichen Anforderungen wie der Biokompatibilität, also der Verträglichkeit des Materials mit dem menschlichen Körper, muss die Biotinte weich genug sein, damit sich die Fettzellen ausbilden können und erhalten bleiben. Gleichzeitig muss sie ausreichend stabil sein, damit das gedruckte Modell seine Form hält.
Die Modelle, die Franziska Atzinger innerhalb ihrer Promotion entwickelt, werden anschließend an der Universität Hohenheim epigenetisch analysiert und ausgewertet. Gesucht sind dabei Bereiche auf der DNA, die durch epigenetische Veränderungen zur Entstehung von Typ ll Diabetes beitragen. Nach deren Identifikation ist geplant, die verdächtigten Bereiche auf der DNA mittels CRISPR/Cas 9 zu verändern, um neue Angriffspunkte für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Typ ll Diabetes zu identifizieren. Das gemeinsame Forschungsprojekt ist auf drei Jahre ausgelegt.