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15.02.2021 | Forschung , News
COVERSTORY IM JOURNAL OF APPLIED POLYMER SCIENCE
Erfolgreiche industrienahe Forschung im Rahmen des Programms COMET in Kooperation mit der Kompetenzzentrum Holz GmbH, Österreich
- Cover der Februar-Ausgabe des Journal of Applied Polymer Science. Bildquelle: Wiley Verlag, https://onlinelibrary.wiley.com/toc/10974628/2021/138/7
Die Hochschule Reutlingen (Arbeitsgruppe Prof. Dr. habil. Andreas Kandelbauer, Lehr- und Forschungszentrum Process Analysis & Technology, LFZ PAT) hat es zusammen mit der Kompetenzzentrum Holz GmbH mit ihrer jüngsten gemeinsamen Veröffentlichung auf das Titelblatt einer bedeutenden Fachzeitschrift im Polymerbereich geschafft! Die Februar-Ausgabe des „Journal of Applied Polymer Science“ ziert die Darstellung eines so genannten „Design Space“ zur Herstellung von Melamin-basierten Duromeren.
Ein Design Space dient der wissensbasierten Herstellung von Produkten mit definierten Eigenschaften. Die in der Studie beschriebenen Melaminharze finden als Bindemittel und Klebstoffe sowie als Imprägnierstoffe und Beschichtungen in vielen Produkten der Bau- und Möbelindustrie ihre Anwendung. Zum Beispiel verleihen sie Ihrem Fußbodenlaminat die abriebfesten Eigenschaften, sind für die Chemikalienbeständigkeit von Labormöbeln verantwortlich und sorgen dafür, dass Sie in Ihrer Küche heiße Kochtöpfe auf den Arbeitsoberflächen Ihrer Kücheneinrichtung abstellen können, ohne dass diese Schaden nehmen.
Das von Regina Seidl und Stephanie Weiss erstellte Zeitschriften-Cover bringt auf den Punkt, wie statistische Versuchsplanung (Design of Experiments, DoE) und Response-Surface-Methodik (RSM) erfolgreich angewendet werden können, um polymere Materialien sehr effektiv und systematisch auf sehr spezielle Zieleigenschaftsprofile zuzuschneiden und zu optimieren. In der Studie wurde ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Melaminharzen unter systematischer Variation der Reaktionsbedingungen und der Mengenverhältnisse an Ausgangstoffen im Labor hergestellt und auf die für technische Imprägnier-Harze relevanten Eigenschaften hin analysiert. Über statistische Auswertung wurden die Effekte und Wechselwirkungseffekte der untersuchten Prozessfaktoren identifiziert, priorisiert und quantifiziert. Die signifikanten Effekte wurden anschließend zur Berechnung eines mathematischen Modells verwendet, das die Vorhersage von wichtigen Eigenschaften für die Verarbeitung und Anwendung solcher Harze (wie zum Beispiel Fließfähigkeit, Penetrationsverhalten und Resthärtungsvermögen bzw. Verklebungsfähigkeit) erlaubt. Mithilfe dieses mathematischen Modells wurden Prozessfenster abgeleitet, die vorgeben, welche Wahl an Ausgangsbedingungen bei der chemischen Synthese zu geeigneten Imprägnierharzen für dekorative Hochleistungslaminate führen. Der untersuchte Versuchsraum deckt einen sehr großen Teil an technologisch relevanten Melaminharzen ab.
Die vorgestellte Methodik auf Basis von Statistischer Versuchsplanung ist sehr effektiv und auf beliebige andere Polymersysteme übertragbar. DoE ist ein wichtiger Problemlösungsansatz, der es erlaubt, sehr rasch Fragestellungen in Forschung und Entwicklung aber auch in Qualitätsmanagement und Anwendungstechnik erfolgreich, schnell und nachhaltig zu bearbeiten. Diese methodischen Grundlagen werden sehr ausführlich in unseren Studiengängen an der Fakultät Angewandte Chemie unterrichtet. Das Beispiel zeigt, dass mit den bei uns gelehrten methodischen Fachinhalten nicht nur praxisnahe und industriell relevante Inhalte und Problemlösungskompetenzen vermittelt werden, sondern auch relevante wissenschaftliche Forschung am Puls der Zeit betrieben werden kann.
Regina Seidl wird aktuell von Prof. Kandelbauer an der Universität für Bodenkultur in Wien (Österreich) bei ihrer Promotion betreut. Stephanie Weiss hat ihre Promotion bei Prof. Kandelbauer an der Universität für Bodenkultur in Wien im Jänner 2021 abgeschlossen. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen des durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG, Austrian Research Promotion Agency) finanzierten COMET-Programms (Projektnummer 865 905) über die Kompetenzzentrum Holz GmbH. Die Kompetenzzentrum Holz GmbH ist eine führende Forschungseinrichtung für Holz und nachwachsende Rohstoffe in Europa. Ihre Kernkompetenzen liegen in der Materialforschung und Prozesstechnologie entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von den Rohmaterialien bis zum fertigen Produkt. Dabei erarbeiten über 130 hochqualifizierte Forscherinnen und Forscher Methoden sowie Grundlagen und betreiben angewandte Forschung an der Nahtstelle Wirtschaft und Wissenschaft, um ressourcenschonendes Wirtschaften in der kreislaufgeführten Bioökonomie zu ermöglichen. Prof. Kandelbauer betreut als externer Key Researcher einige Teilprojekte zur Ressourcenoptimierung und Nachhaltigkeit von Prozessen sowie zur Entwicklung neuer funktionaler Oberflächen im Forschungsbereich Holz- & Papieroberflächentechnologie (Standort St. Veit an der Glan, Österreich)
Literatur:
R. Seidl, S. Weiss, E. M. Zikulnig‐Rusch, A. Kandelbauer (2021) Response surface optimization for improving the processing behavior of melamine formaldehyde impregnation resins. Journal of Applied Polymer Science 138 (7) 50181. https://doi.org/10.1002/app.50181
Link zum Cover: https://onlinelibrary.wiley.com/toc/10974628/2021/138/7
Link zum Fachartikel: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/app.50181
Link zur Kompetenzzentrum Holz GmbH: https://www.wood-kplus.at/de